Die Gärten in der heutigen Zeit sind wegen der hohen Grundstückspreise zu klein, um meh- rere Apfelbäume pflanzen zu können. So kamen wir auf die Idee mehrere Apfelsorten durch eine sogenannte Kopfveredelung auf einen Apfelbaum zu bringen. Für so eine Veredelung eignet sich die Apfelsorte Schneiderapfel hervorragend, weshalb wir diese am 16.03.2012 im unteren Teil unseres OGV-Lehrgartens pflanzten.

Was muss beim Veredeln

durch “Pfropfen hinter die Rinde” beachtet werden?

  • die “Unterlage” muss schon voll im Saft stehen, dann lässt sich die Rinde gut lösen.  Deshalb wird diese Veredelungsart im April bis Mitte Mai angewendet.
  • das Veredelungsreis muss noch in der Vegetationsruhe sein und mindestens 3 gut ent- wickelte Augen besitzen
  • die Unterlage durch den Abwurf von Ästen auf die Stammverlängerung und die Leitäste reduzieren. Im unteren Bereich, der zu veredelnden Stammverlängerung und Leitäste aber einige Zugäste stehen lassen
  • Edelreiser mit dem Kopulationsschnitt versehen
  • Schnittflächen Stammverlängerung und Leitäste überprüfen, eventuell mit einem scharfen Messer nachbessern, um eine glatte Schnittfläche zu erhalten
  • Unterlage mit scharfem Messer vorsichtig in Längsrichtung der “Unterlage” einschneiden. (Ist der Durchmesser der Unterlage größer als 3 cm kann man auf so einem Pfropfkopf auch mehrere Edelreiser anbringen, dies empfiehlt sich besonders bei älteren Bäumen)
  • Rinde an einer Seite des Schnittes vorsichtig anheben
  • vorbereitetes Edelreis von oben hinter die angehobene Rinde schieben
  • Unterlage mit dem eingeschobenem Edelreis gut mit Bast stramm umwickeln und fest verschnüren
  • alle offenen Schnittflächen an Unterlage und Edelreis mit Veredelungswachs versiegeln
  • nach etwa 6 bis 8 Wochen die Bastumwickelung  an einer Seite der Veredelungsstelle vorsichtig komplett durchtrennen. Um eventuellem Windbruch vorzubeugen, kann man die Veredelungsstelle danach mit einer “Schiene” (Stock, der jeweils mindestens zweimal an der Unterlage und am Edelreis angebunden wird) stabilisieren
  • nach einem Jahr, wenn die Edelreiser gut verwachsen sind, muss der Baum wieder mit einem Erziehungsschnitt in Form gebracht werden. Dies setzt sich in den folgenden Jahren fort, bis der Aufbau der Krone vollendet ist      

“Vorbereitung” der Veredelung durch “Pfropfen hinter die Rinde”

In 5 Jahren wurde durch einen regelmäßigen Erziehungsschnitt der Grundaufbau der Baumkrone vorbereitet (siehe die folgenden Bilder)

Bilder, Veredelung hinter die Rinde (Pfropfen hinter die Rinde)

Bild A   Leitast auf dem das Veredelungsreis hinter der Rinde angebracht werden soll, wird mit einer Säge senkrecht zu seiner Längsachse( Astrichtung) abgesägt . Sollte die Schnittfläche am Rand stark “ausgefranzt”, beschädigt sein, muss mit einem scharfen Messer nachgebessert  werden

Bild B   Mit einem scharfen Messer (Kopuliermesser) wird an der Stelle am Leitast, an der das Edelreis eingepfropft werden soll, vorsichtig ein  senkrechter Schnitt angebracht und die Rinde an einer Seite vorsichtig angehoben. Hierbei muss man sehr vorsichtig vorgehen, um das Kam- bium nicht zu verletzen

Bild C   Das Edelreis wird mit dem Kopuliermesser, wie für eine Kopulation, unter einem Winkel von etwa 30° zugeschnitten. Im Idealfall liegt ein Auge gegenüber dem oberen Ende der Schnittfläche. Zusätzlich wird an der Seite, an der das Edelreis an der nicht abgehobenen Rinde anliegt, ein etwa 1 mm breiter Schnitt an der Rinde, entlang des Kopulationsschnitts vorgenommen. Das Edelreis sollte noch auf 2 bis 3 schlafende Augen in der Länge zugeschnitten werden

Bild D   Dann wird das Edelreis von oben hinter die abgehobenen Rinde eingeschoben

Bild E   Das Edelreis wird dann von oben so weit hinter die gelöste Rinde eingeschoben, dass von der Kopulationsfläche noch einige Millimeter oberhalb der Schnittfläche des Leitastes zu sehen sind. Dies verbessert die Wundheilung des abgesägten Leitastes durch das Kallusgewebe aus dem Kambium des Edelreises

 

Nach den Schritten A bis E wird das Edelreis am Pfropfkopf (Leitast) stramm mit Verede- lungsbast umwickelt (um es zu fixieren). Danach werden alle Schnittstellen, die Pfropfkopf- fläche (Leitast), die Schnittstelle, mit dem hinter die Rinde geschobenen Edelreis, und das Ende des Veredelungsreises, so mit Veredelungswachs verstrichen, dass ein Eindringen von Pilzsporen und das Austrocknen der Veredelungsstelle verhindert wird

Die Bilder A bis E wurden nachträglich angefertigt, um das Pfropfen hinter die Rinde besser erklären zu können. Profis erkennen sicherlich das vertrocknete Edelreis und das Auge an der Schräge des Kopulationsschnitts in Bild D. Im Bereich des Kopulationsschnittes sollte sich kein Auge befinden!!!

Veredelung A BkD
Veredelung B BkD
Veredelung C BkD
Veredelung D BkD
Veredelung E BkD

Bilder von unserer Kopfveredelung, durch Pfropfen hinter die Rinde

Fast auf den Tag genau 5 Jahre nach dem Pflanzen der Unterlage Schneiderapfel”l wurde dann die sogenannte “Kopfveredelung”, in einem heute sogenannten “Workshop” mit einigen jüngeren Mitgliedern unseres Vereins, unter der Leitung von Fachwart Andreas Hieber ausgeführt.

Zuerst wurde besprochen, wie vorgegangen werden soll, welche Äste müssen weg, welche müssen stehen bleiben.

Danach nahm Fachwart Andreas Hieber den sogenannten “Abwurf” vor, was zu einem fast radikal zurückgestutzten Apfelbaum führte

An den Leitästen, an denen die Veredelungsreiser durch die Methode “hinter die Rinde pfropfen” angebracht werden sollten, ließ er nur ein paar wenige sogenannte “Zugäste” übrig

Diese dünneren “Zugäste” im unteren Kronenbereich des zu veredelnden Baumes sind für die Nährstoffversorgung der Edelreiser sehr wichtig.

1 Veredelung BkD
2 Veredelung BkD

Das vorbereitete Edelreis wird von oben hinter die angehobene Rinde geschoben, danach wird mit Bast durch strammes Umwickeln das Reis und die Veredelungsunterlage fest miteinander verbunden und fixiert. 

Alle offenen Schnittstellen werden mit Veredelungswachs versiegelt

Entwicklung an einer der fünf Veredelungsstellen

Diese fünf Bilder veranschaulichen nur die Entwicklung an einer der fünf Veredelungsstellen

 

 

Die Entwicklung in den vergangenen 10 Wochen ist beeindruckend, der Zuwachs der Edelreiser ist immens

 

 

Nach 8 Wochen haben wir die Bastschnüre durch- trennt, um das Wachstum der Edelreiser in der Veredelungsstelle nicht abzuschnüren.

6 Veredelung BkD
7 Veredelung BkD
8 veredelung BkD
10 A Veredelung BkD
10 Veredelung BkD
11 Veredelung BkD
12 Veredelung BkD
13 Veredelung BkD
14 Veredelung BkD
15 Veredelung BkD
16 Veredelung BkD

Entwicklung des gesamten Baumes im Jahr der Veredelung

Die Entwicklung unseres Mehrsortenbaumes nach der Veredelung macht uns viel Freude

Gut vorbereitet kann so eine Kopfveredelung auch von “Nichtfachleuten” sicher durchgeführt werden - vorausgesetzt man hält sich an die von uns angewendete und ausführlich beschriebene Vorgehensweise

Teilnehmer an  dieser Veredelungsaktion haben sich getraut an eigenen Bäumen solche  Veredelungen vorzunehmen und alle Versuche sind gelungen.

Alle hinter die Rinde gepfropften Edelreiser sind angewachsen und gedeihen prächtig  

1 Mehrsortenbaum 15042017-1 BkD
2 Mehrsortenbaum 16052017-1 BkD
3 Mehrsortenbaum 26052017-1 BkD
4 Mehrsortenbaum 29062017-6 BkD
5 Mehrsortenbaum 22072017-1 BkD
6 Mehrsortenbaum 01082017-2 BkD

Entwicklung im 2. Jahr nach der Veredelung

Ende April 2018 wurden die veredelten Leitäste von uns stark zurückgeschnitten.

 Dieser “Erziehungsschnitt” ist wichtig, um einen schönen und gleichmäßigen Kronenaufbau zu erreichen

Mehrsortenbaum 20072018-3 BkD
Leutenbach_Rems-Murr-Kreis1

Mehrsortenbaum

Wappen_Leutenbach_BW